Vernissage/Interview Ulrich Krammer

29/01/2020

Rückblicken würden wir unsere Vernissage mit Ulrich Krammer in etwa so beschreiben:

Lebhaft.

Kontrovers.

Hemmungslos.

Anregend.

Mitreißend.

Ausgelassen.

Schwerelos.

Inspirierend.

Exzessiv.

Entschleunigend.

Betörend.

Erhellend.

Zwanglos.

Nach mittlerweile drei Jahren sollte es hinlänglich bekannt sein: Wir feiern nicht ungern.  Jubiläen, das Leben, die Kunst, die Musik, interessante Menschen und überhaupt. Kann man bei der dritten Jahresfeier schon von Tradition sprechen? Will man das überhaupt? Egal: Wir lieben es, anlässlich der Create-Jahresjubiläen unsere Türen zu öffnen, unsere Galerie jungen Artists zu überlassen, einen bunten Haufen an Menschen zusammenzubringen und mit ihnen eine gute Zeit zu haben. Und dass die Fusion aus Tattoostudio, Jubiläumsfeier und Vernissage harmoniert, wissen wir ja bereits.

Zu unserem zweijährigen Jubiläum im Herbst 2018 wollten wir dieser Feiermoral also wieder gerecht werden und unsere Galerie neu beleben. Dabei hat uns einer der wohl interessantesten und bekanntesten Tattoo-Artists Österreichs unterstützt: Ulrich Krammer aus Linz.

Der schwer schubladisierbare Querdenker bringt nicht nur fesselnde und unverkennbare Tätowierungen unter die Haut, sondern hat über die Jahre auch so einiges an künstlerischem Output auf Leinwand und anderen Medien hervorgebracht. Wie es beim Tätowieren so vorkommt, lernen sich Kunde und Artist bei längeren Sitzungen besser kennen und tauschen sich aus. Dieser positive Nebeneffekt hat auch dazu geführt, dass Ulrich Krammer bei uns ausgestellt hat. Create-Artist Max hat immerhin schon so einige Stunden bei Krammer auf der Liege verbracht – die Chemie zwischen den beiden stimmte und eines führte zum anderen.

Was hat uns dann bei der Vernissage erwartet? Bibelverse. Eine klaffende Wunde. Stacheldraht. Offenbarung 10. The Lost Son. David – um nur einen kleinen, losen Streifzug durch Ulrich Krammers Bilder zu unternehmen. Surreal angeordnete Menschen, Körperteile, Tiere und Gebäude. Motive, die vom Betrachter mehrmaliges Hinsehen verlangen und erst mal etwas geistige Verarbeitung brauchen.

Die Reaktionen, die wir bei der Vernissage aufgeschnappt haben, lassen erahnen: Ulrich Krammer schafft Bilder mit Tiefgang. Sie holen den Verstand aus dem Standby-Modus hervor, stecken voller Rätsel, fordern heraus und sind nicht unbedingt Schonkost. Krammers Werke in der Create-Galerie unterlagen keinem Generalthema, sondern eröffneten Einblicke in sein aktuelles Schaffen. Und dieses sei immer davon bestimmt, was er in seiner Umwelt gerade wahrnehme und welche Stimmungen er einfange.

AUSZÜGE AUS UNSEREM GESPRÄCH MIT ULRICH KRAMMER

„Was macht Menschen aus? Wie wird der Mensch zu dem, was er ist? Diese Fragen ziehen sich durch meine künstlerische Arbeit.“

Bei diesen Fragen kommt man an Religion, Glauben und Gesellschaft kaum vorbei, was sich auch in Krammers Themenwelten und Bildsprache widerspiegelt:

„Ich beschäftige mich viel mit Geschichte und weite Teile der Menschheitsgeschichte sind stark von Religion geprägt. Ich denke auch, dass der Glaube an sich, an etwas Gutes, Höheres, eine gute und wichtige Sache ist.“

Dass manche seine Werke als morbide, makaber, fast etwas verstörend empfinden, hat den Künstler durchaus überrascht:

„Eigentlich liegt es mir fern, böse oder schlechte Sachen zu malen. Ich will mit meiner Kunst niemandem vor die Füße spucken.“

Was sich im Gespräch mit Ulrich Krammer abzeichnet ist, dass er sich viele Gedanken zum Zustand der Welt und der Gesellschaft macht:

„Momentan interessiere ich mich gerade sehr für Dinge wie Natur, Felsen, Berge … Es geht mir um das Bewusstsein, was Menschen mit der Welt machen.“

Trotz teils düsterer Bildwelten schlägt der Künstler optimistische Töne an, die die Welt wohl auch gut vertragen kann:

„Ich möchte gerne menschliche Themen zeigen. Auch dass es Gutes und Schönes auf der Welt gibt.“